Geschichte der jüdischen Bevölkerung
Juden im Busecker Tal
Das Busecker Tal war das Herrschaftsgebiet der Ganerben (‚Erbengemeinschaft) der Herren v. Buseck und v. Trohe. Es umfasste 8 bis 10 Ortschaften. Fünf dieser Orte (Alten-Buseck, Beuern, Großen-Buseck, Oppenrod und Trohe) bilden seit 1977 die Großgemeinde Buseck. Die Adligen des Busecker Tals nahmen für ihren Herrschaftsbereich die Reichs-unmittelbarkeit in Anspruch. Daraus leiteten sie das Recht ab, eine verhältnismäßig große Zahl von Schutzjuden anzusiedeln. Seit ca. 1560 waren Juden im Busecker Tal ansässig. Das belegt eine Zeugenaussage im „Memoriale an die Hochlöbliche allgemeine Reichs-Versamblung zu Regenspurg ...“ einer Streitschrift aus dem Jahr 1707. In einem Schreiben des Regierungsrats v. Moser heißt es 1776: „Das Busecker Tal ist ein Klein-Palästina…“ In dieser Zeit sollen hier 63 jüdische Familien gelebt haben, während in 12 größeren hessischen Städten zusammen nur 53 Judenfamilien wohnten.
Synagogen
Seit dem 18. Jahrhundert sind Synagogen in Alten-Buseck, Beuern und Großen-Buseck belegt. Die älteste dürfte in Großen-Buseck gestanden haben.
Großen-Buseck
1739 beschwerten sich Beamte der Gießener Regierung beim Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt über die Vierer und Ganerben des Busecker Tals, dass diese sich das Recht angemaßt hätten, den Juden in Großen-Buseck und „neuerlich“ auch in Beuern eine Synagoge zu gestatten. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Synagoge in Großen-Buseck vermutlich schon geraume Zeit, denn sie sollte bereits renoviert werden. Diese Synagoge befand sich auf dem Gelände Kaiserstr.13 (ehemals Judengasse). 1836 war das Haus so baufällig, dass über eine neue Synagoge nachgedacht werden musste. Man erwarb für 2000 Gulden das 1795 erbaute Wohnhaus Anger 10. Das zweistöckige Haus mit Scheune unter einem Dach wurde umgebaut. In der östlichen Gebäudehälfte befand sich der Synagogenraum mit zwei Eingängen von der Straße aus. Die Frauenempore verlief in Obergeschosshöhe. Der Gottesdienstraum bot 49 Männern und 23 Frauen Platz. Gemeinderäume und Lehrerwohnung fanden in der westlichen Hälfte des Hauses Platz. 1846 fand der feierliche Umzug der Thorarollen in die neue Synagoge statt. Noch bis November 1938 fand Gottesdienst statt. In der Pogromnacht 1938 wurde die Inneneinrichtung völlig zerstört. Die dichte Nachbarbebauung verhinderte, dass das Haus angezündet wurde. Am 19.10.1939 kam das Gebäude für 6.000,-- RM in den Besitz der Gemeinde Großen-Buseck. 1947/48 erfolgte der Umbau zum Wohnhaus. Es entstanden zwölf Wohneinheiten, Unterkunft für 30 Heimatvertriebene Zeitweise nutzte die Spar- und Leihkasse (heute Volksbank Mittelhessen) Räume in dem Gebäude. 1983 errichtete die Gemeinde vor der ehemaligen Synagoge einen Gedenkstein. Seit 2013 steht das Haus leer.
Alten-Buseck
Die Synagoge in Alten-Buseck soll erstmals um 1780 erwähnt worden sein. Der Standort kann nur vermutet werden. Vielleicht befand sich die Synagoge im Haus Flussgasse 4, das 1777 Hirsch Ephraim gehörte. 1838 ist die Rede von einer neu erbauten „Judenschuhl“. Dabei handelte es sich sicher um das Haus Nr.8 in Hofburgstraße (ehemals Judengasse) Diese Synagoge wurde noch vor 1933 wegen Baufälligkeit abgerissen, das Grundstück erwarben die beiden Nachbarn.
Beuern
Eine jüdische Gemeinde wird seit 1706 in Beuern vermutet. Aus einem Schreiben 1739 geht hervor, dass die Ganerben des "Busecker Tals" der jüdischen Gemeinde in Beuern den Bau einer Synagoge erlaubt hatten. Diese Synagoge brannte 1854 ab und wurde 1855 an gleicher Stelle neu erbaut. Auch diese Synagoge wurde der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 nur deshalb nicht angezündet, da ein Brand auch auf die anliegenden Häuser und Scheunen übergegriffen hätte. Die Inneneinrichtung wurde jedoch zerstört. Nach dem Krieg wurde das Gebäude versteigert und befindet sich heute in Privatbesitz.
Der jüdische Friedhof
Der jüdische Friedhof zwischen Alten-Buseck und Großen-Buseck ist einer der größten und vermutlich auch einer der ältesten im Umkreis. 1750 wird er im Testament Friedrich Ludwigs v. Buseck gen. Münch an die Familie v. Geismar vererbt. Der Friedhof wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts angelegt, möglicherweise auch früher. Die Familie v. Geismar verkaufte 1769 „unßer ererbtes Frey Adelich Judenbegräbniß“ für 150 Gulden an die Gemeinde Großen-Buseck. 1824 verlangte die Gemeinde für den Kauf des Friedhofs durch die jüdische Gemeinde 240 Gulden, der Verkauf kam nicht zustande. Erst 1920 erwarb die jüdische Gemeinde das Friedhofsgelände für 1.867,50 Mark von der Gemeinde. Der älteste mit Inschrift erhaltene Grabstein datiert auf das Jahr 1841. Ein Obelisk mit einem Davidstern erinnert an drei jüdische Gefallene aus dem 1. Weltkrieg.
(Recherche und Text: Ilse Reinholz-Hein)