Stolpersteine

 In Buseck wurden von dem Künstler Gunter Demnik in den Jahren 2014 und 2018 insgesamt 30 Stolpersteine für die Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Hier werden die einzelnen Verlegestellen und die Schicksale der Opfer beschrieben. 

Einen Flyer mit Kurzbeschreibungen finden sie hier.

Großen-Buseck

Kaiserstraße 1

Meier Berlin

geb.26.04.1875
misshandelt und deportiert am 10.11.1938 in das KZ Buchenwald/Weimar
verstorben am 8.12.1938 im KZ Buchenwald an den Folgen der Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen

 Die Eltern waren Joseph Berlin und Amalie Berlin, geb. Nußbaum. Er wurde am 26.04.1875 in Großen-Buseck, Kaiserstr. 1, geboren. Meier Berlin war der Bruder von Bernhard Berlin. Er war ein Häute- und Viehhändler und lebte mit seiner Ehefrau Recha/Regina, geb. Schild in seinem Elternhaus in der Kaiserstr.1. Die Ehe war kinderlos. 1938 lebte die verwitwete Schwiegermutter Bertha Schild, geb. Lustig ebenfalls in diesem Haus. Während des Pogroms am 10.11.1938 wurde Meier Berlin schwer misshandelt und noch am selben Tag in das KZ Buchenwald verschleppt. Am 8.12.1938 verstarb er an den Folgen der schweren Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen im KZ Buchenwald. Die Todesmeldung des Schutzhaftlagerführers nannte als Todesursache „Herzmuskelentartung“. Meiers Urne wurde von seiner Ehefrau auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Frankfurt, Eckenheimer Landstraße, beigesetzt.

Inschrift des Stolpersteins

HIER WOHNTE
MEIER BERLIN
JG. 1875
OPFER DES POGROM
SCHWER MISSHANDELT
“SCHUTZHAFT“ 1938
BUCHENWALD
TOT AN DEN FOLGEN
8.12.1938

 

Regina/Recha Berlin, geb. Schild

geb. 9.5.1885 in Heßdorf/Unterfranken
am 10.11.1938 aus Gr.-Buseck vertrieben
am 8.05.1942 aus Frankfurt in den Distrikt Lublin in Polen deportiert und wahrscheinlich in Treblinka ermordet, Todesdatum unbekannt 

Recha/Regina Berlin, geb. Schild, wurde am 9.05.1885 in Heßdorf/Gemünden in Bayern geboren. Sie war verheiratet mit Meier Berlin. Ihre Ehe blieb kinderlos.Am 10.11.1938 wurde Recha/Regina Berlin aus ihrem Haus in der Kaiserstraße 1 vertrieben und zusammen mit anderen jüdischen Frauen aus Großen-Buseck mehrere Stunden im Schulgebäude festgehalten. In der Zwischenzeit zerstörten die Busecker Nazis ihre Wohnung. Nach der Freilassung wurde sie aus Großen-Buseck vertrieben, jedoch mit der Aufforderung, die durch die Nazis beschädigte Wohnung wieder instand zu setzen. Regina floh noch am gleichen Tag mit ihrer Nichte Fanny Krämer und der 80jährigen Mutter Bertha Schild mit dem Zug nach Frankfurt, wo sie zunächst bei Verwandten und später in der Gaußstr. 14 Unterkunft fand. Über einen Freund aus Großen-Buseck erhielt sie Anfang Dezember 1938 die Nachricht, dass ihr Mann Meier Berlin im KZ Buchenwald verstorben sei. Regina Berlin erhielt die Urne ihres in Weimar eingeäscherten Mannes, die sie auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Frankfurt an der Eckenheimer Landstraße beisetzen ließ. Am 8.05.1942 wurde Regina Berlin aus Frankfurt in den Distrikt Lublin in Polen deportiert und ist wahrscheinlich im Vernichtungslager Treblinka ermordet worden. Das Todesdatum ist unbekannt.

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
REGINA RECHA
BERLIN
GEB. SCHILD
JG. 1885
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 FRANKFURT
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

 

 

Bertha Schild, geb. Lustig,

geb. 2.05.1859 in Fechenbach/Unterfranken, verwitwet lebte seit August 1931 bei ihrer Tochter Regina Berlin
am 10.11.1938 aus Großen-Buseck vertrieben
wohnte bis 1942 in Frankfurt, Gaußstr. 14
deportiert am 15.09.1942 ins Ghetto Theresienstadt
am 28.09.1942 dort wegen unmenschlicher Haftbedingungen verstorben

 Die verwitwete Bertha Schild lebte seit August 1931 bei ihrer Tochter Regina Berlin. Bertha Schild verließ Großen-Buseck nach dem Pogrom am 10.11.1938 mit Ihrer Tochter Regina und deren Nichte Fanny Krämer. In Frankfurt fand die Familie Unterkunft. Ihre für den 5.07.1941 geplante Flucht über Lissabon zu ihren bereits geflohenen drei Kindern in die USA scheiterte an den geänderten Einreisebestimmungen. Ein Visum für Kuba verlor durch die absolute Emigrationssperre im November 1941 seinen Wert. Am 15.09.1942 wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort verstarb sie im Alter von 83 Jahren innerhalb von zwei Wochen durch unmenschliche Lagerbedingungen.

Inschrift des Stolpersteins

HIER WOHNTE
BERTHA SCHILD
GEB. LUSTIG
JG. 1859
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 FRANKFURT
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 28.9.1942

 Quellen:

-          Hebauf, Renate, Gaußstr. 14 Ein >>Ghettohaus<< in Frankfurt am Main, Hanau, 2010

-          Müller,H., Damrath, F., Schmidt, A., Juden im Busecker Tal, Teil I: Familien von Hanno Müller, Fernwald 2013

 

 

Kaiserstr. 7

 Hier in der Kaiserstraße 7E wohnte die Familie Wallenstein. Der Ehemann und Vater David wurde hier am 14.03.1894 als Sohn des Händler Simon Wallenstein und dessen Frau Olga geboren. Beruflich begann seine Laufbahn als Handlungsgehilfe bei einem Händler in Groß-Kotzenburg und später bei den Vereinigten Getreidehändler in Gießen. In dieser Zeit hatte er auch seinen Wohnort in den entsprechenden Städten. Gegen Ende des ersten Weltkrieges wurde er noch kurz zum Heer eingezogen. Konnte danach aber seine Arbeit in Gießen wieder aufnehmen. Am 1. Februar 1920 zog er wieder hier nach Großen-Buseck in sein Geburtshaus. David betrieb dann zusammen mit seinem Vater Simon ein Handelsgeschäft für Kohlen, Düngemittel, Kolonialwaren und Landesprodukte. Ab dem 29. Dezember musste er zwangsweise den Namen Israel als Vorname tragen. Seine Schwester Dina starb bereits am Tag ihrer Geburt. Sie ist auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Ebenso wurde der Vater Simon auf diesem Friedhof außerhalb von Großen-Buseck beigesetzt, nachdem er am 1.April 1937 gestorben war. Der Bruder Adolf heiratete in 1921 und wohnte dann in Aachen. Von dort wurde er mit seiner Frau nach Polen verschleppt und  umgebracht. 

Am 16.02.1923 heiratete David die aus Schlüchtern stammende Emma oder Emmi Adler. Emma Adler wurde am 25.09.1901 geboren. Der Sohn Alfred wurde am Abend des 9. November 1923 geboren. Auch er musste später den Zwangsnamen Israel tragen. Die Tochter Ilse wurde am späten Abend des 17.01.1927 geboren. Bereits im Alter von 11 Jahren wurde sie von ihren Eltern in die scheinbar sicheren Niederlande geschickt. Nach der Reichspogromnacht und der öffentlichen Schmähungen stieg der wirtschaftliche Druck auf das Handelsgeschäft der Familie Wallenstein. Sie mussten ihr Geschäft zum 29.12.1938 aufgeben. Der Vater arbeitete danach noch gut neun Monate bei der Gemeinde Großen-Buseck, bis sie schließlich am 20.10.1939 Buseck verließen. Die Eltern lebten dann in Schlüchtern, dem Geburtsort der Mutter Olga. 

In den Niederlanden wurden die aus Deutschland geflüchteten Juden jedoch nicht gerne gesehen. Die Regierung legte zwei Internierungslager an. Ilse und Alfred wurden in das Lager Westerbork verbracht. Nach der Besetzung der Niederlande am 10. Mai 1940 durch die deutsche Wehrmacht, wurden die internierten jüdischen Bürger nach und nach mit Bahntransporten in die Vernichtungslager in Osteuropa deportiert. So erging es auch Ilse und Alfred. Ilse Wallenstein wurde im Alter von 19 Jahren am 25.05.1943 deportiert und wurde wahrscheinlich nur 3 Tage später in Sobibor ermordet. Ihr Bruder Alfred wurde im gleichen Jahr nach Auschwitz deportiert. Sein Todesdatum ist nicht bekannt. Er wurde am 31.07.1944 für tot erklärt. Beide Elternteile wurden bereits im Jahr 1942 verschleppt und nach Isbica deportiert. Das Ehepaar David und Emma, die bereits ihre Kinder weggeben mussten, wurde getrennt. Emma wurde in Sobibor ermordet, ihr Mann David in Majdanek. Niemand aus der Familie des Simon Wallenstein, der noch in 1913 als ein angesehenes Mitglied im Gesangverein Germania in deren Mitgliederverzeichnis geführt wurde, dessen Sohn David noch 1918 für sein Vaterland Deutschland in den Krieg zog, hat die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten überlebt.

 Inschriften der Stolpersteine 

HIER WOHNTE
ALFRED
WALLENSTEIN
JG. 1923
FLUCHT 1939
HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

 

 

 

HIER WOHNTE
ILSE INGA
WALLENSTEIN
JG. 1927
FLUCHT 1939
HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
SOBIBOR

 

 

 

HIER WOHNTE
EMMA WALLENSTEIN
GEB. ADLER
JG. 1901
DEPORTIERT 1942
ISBICA
ERMORDET 3.6.1942
SOBIBOR

 

 

 

HIER WOHNTE
DAVID WALLENSTEIN
JG. 1894
DEPORTIERT 1942
IZBICA
ERMORDET 27.9.1942
MAJDANEK

 

 

Kaiserstraße 24

Bernhard Berlin

geb. 21.09.1871
vertrieben aus Großen-Buseck nach dem 10.11.1938 geflüchtet nach Frankfurt
ab. 7.12.1938 in Frankfurt, Gaußstr. 14 gemeldet
deportiert am 15.09.1942 ins Ghetto Theresienstadt
gestorben am 29.08.1943 an Unterernährung im Ghetto Theresienstadt

 Bernhard Berlin wurde als erstes Kind der Eheleute Joseph Berlin und seiner Ehefrau Amalie Berlin, geb. Nußbaum am 21.09.1871 in Großen-Buseck, Kaiserstr. 1, geboren. Er lebte mit seiner Ehefrau Frieda Berlin, geb. Freimark, und den beiden Kindern Fanny und Julius in dem neu erbauten Haus in der Kaiserstr. 24. Er übte den Beruf des Kaufmanns aus. Im Untergeschoss des Hauses Kaiserstr. 24 war die bis 1933 gut gehende Manufakturwaren- und Nähmaschinenhandlung untergebracht und im Obergeschoss die Wohnung der Familie. Ehefrau Frieda verstarb nach längerer Herzkrankheit 1932. 1936 zog seine Tochter Fanny mit Ehemann Rudolf zu ihm nach Großen-Buseck, da er das nichtjüdische Dienstmädchen aufgrund der „Nürnberger Gesetze“ entlassen musste und Unterstützung im Haushalt brauchte. Am 10.11.1938 plünderten und verwüsteten die örtlichen Nazis sein Geschäft und die Wohnung. Bernhard wurde verhaftet und misshandelt. Er versteckte sich kurze Zeit in der näheren Umgebung in einem Waldstück und wurde von nichtjüdischen Dorfbewohnern versorgt. Bernhard Berlin folgte dann seiner Familie nach Frankfurt, wo er zunächst bei Verwandten und ab Dezember 1938 bis zum 15.09.1942 in der Gaußstr. 14 lebte. Am 15.09.1942 wurde Bernhard ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 29.08.1943 an Unterernährung und Entbehrungen verstarb.

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
BERNHARD BERLIN
JG. 1871
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 FRANKFURT
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 29.8.1943

 

 

Julius Berlin

geb. 26.05.1906
KPD-Sympathisant und politisch Verfolgter
nach der Machtübernahme 1933 sofort geflohen nach Südamerika (Argentinien und Uruguay)
1961 zurück nach Großen-Buseck
1993 in Gießen verstorben

 Julius Berlin wurde als zweites Kind der Eheleute Bernhard Berlin und seiner Frau Frieda Berlin, geb. Freimark, am 26.05.1906 in Großen-Buseck geboren. Er lebte im Elternhaus in der Kaiserstr.24. Julius sympathisierte mit der KPD und war ein bekennender Gegner der Nationalsozialisten. Daher verließ er nach der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 sofort seine Heimat. Dort fanden mehrere und wiederholte Hausdurchsuchungen der Nationalsozialisten nach ihm statt. Bei seiner Flucht wurde Julius unterstützt. Er floh über das Saarland nach Frankreich und von dort mit dem Schiff nach Südamerika. Mit verschiedenen Beschäftigungen schlug er sich in Argentinien und Uruguay durch. Über die USA kehrte er am 6.09.1961 nach Gr.-Buseck zurück. In der Friedensstr. 17 (heute Schützenweg) führte er über etwa zwei Jahre ein Textilgeschäft, das er dann aufgab. Er lebte später in Gießen, zunächst in der Weserstraße 23 und anschließend im Thielmannweg 11 in zweiter Ehe mit Rosa Anni Berlin. Am 18.12.1993 verstarb Julius Berlin und wurde auf dem jüdischen Teil des Neuen Friedhofs in Gießen beerdigt.

Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
JULIUS BERLIN
JG. 1906
IM WIDERSTAND
FLUCHT 1933
SÜDAMERIKA

 

 

Fanny Krämer, geb. Berlin

geb. 13.12.1901
Heirat 16.3.1938 mit Rudolf Krämer
am 10.11.1938 aus Gr.-Buseck vertrieben
ab 7.12.1938 in Frankfurt, Gaußstr. 14 gemeldet
Oktober 1942 umgesiedelt in das Gestapo-Zwangslager im Hermesweg 5-7
deportiert am 16.03.1943 ins Ghetto Theresienstadt
überlebt und befreit von der Roten Armee am 8.05.1945
1947 emigriert in die USA
in 2. Ehe verheiratet mit Louis Joelson
15.09.1996 in New York/USA gestorben

Fanny Krämer wurde als erstes Kind von Bernhard Berlin und seiner Ehefrau Frieda Berlin, geb. Freimark am 13.12.1901 in Großen-Buseck geboren. Sie heiratete am 16.03.1930 den jüdischen Kaufmann Rudolf Krämer aus Dieburg, wo sie zunächst wohnte. Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1932 zog sie mit ihrem Ehemann 1936 wieder ins Elternhaus in der Kaiserstr. 24, um den alleinstehenden Vater zu unterstützen, der die christliche Hausangestellte nicht weiter beschäftigen durfte. Am 10.11.1938 wurde sie wie die anderen jüdischen Frauen aus Buseck zunächst aus der Wohnung gejagt und mehrere Stunden im Schulgebäude eingesperrt. In der Zwischenzeit war das Geschäft und die Wohnung verwüstet und geplündert worden. Nach ihrer Freilassung floh sie mit ihrer Tante Regina Meier und deren Mutter Bertha Schild nach Frankfurt, wo sie zunächst bei Verwandten und ab Dezember 1938 in der Gaußstr. 14 mit ihrem Ehemann Rudolf Krämer und der verbliebenen Familie Unterkunft fand. Im Oktober 1942 musste sie mit ihrem Ehemann in Frankfurt in das Gestapo-Zwangslager im Hermesweg 5-7 ziehen. Von dort wurde sie mit ihrem Ehemann am 16.03.1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. In Theresienstadt musste sie körperlich schwere Zwangsarbeit verrichten. Im Frühjahr 1945 erkrankte Fanny an Flecktyphus und überlebte nur, weil am 8.05.1945 Einheiten der Roten Armee das Ghetto befreiten. Nach ihrer Genesung konnte sie im August 1945 nach Frankfurt zurückkehren und erfuhr, dass sie als Einzige der Familie die Deportationen überlebt hatte. Sie wanderte 1947 in die USA aus, wo sie den deutsch-jüdischen Emigranten Louis Joelson heiratete. Fanny Joelson besuchte zweimal Deutschland. Sie starb am 15.09.1996 im Alter von 94 Jahren in New York.

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
FANNY KRÄMER
GEB. BERLIN
JG. 1901
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 FRANKFURT
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
BEFREIT 

 

 

Rudolf Krämer

geb. 2.08.1898
Heirat am 16.03.1930 mit Fanny Berlin
1936 Umzug nach Gr.-Buseck, Kaiserstr.24
deportiert am 16.03.1943 ins Ghetto Theresienstadt
am 16.10.1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet Todesdatum unbekannt

 

Rudolf Krämer wurde am 2.08.1898 in Dieburg, Kreis Groß-Gerau geboren. Sein Vater war der Kaufmann Moritz Krämer. Rudolf Krämer heiratete am 9.3.1930 Fanny Berlin und wohnte dann mit seiner Ehefrau Fanny in Dieburg. Das Ehepaar zog nach dem Tod von Fannys Mutter 1936 nach Großen-Buseck in das Elternhaus in der Kaiserstr.24, damit sie den alleinstehenden Vater unterstützen konnten, denn dieser musste seine christliche Haushaltshilfe entlassen.  Am 10.11.1938 besuchte Rudolf Krämer seine in Dieburg lebenden Eltern. An diesem Tag wurde er in Dieburg verhaftet und nach einigen Tagen frei gelassen.  Er folgte seiner Frau und deren Familie nach  Frankfurt zu Verwandten und ab Dezember 1938 in die Gaußstr.14. Im Oktober 1942 musste er mit seiner Frau in das Gestapo-Zwangslager in Frankfurt, Hermesweg 5-7, umsiedeln.  Am 16.03.1943 wurde er zusammen mit seiner Ehefrau Fanny ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Von dort wurde Rudolf Krämer am 16.10.1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Das Todesdatum ist unbekannt.

Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
RUDOLF KRÄMER
JG. 1898
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 FRANKFURT
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

 

 

 

Quellen:

-          Hebauf, Renate, Gaußstr.14 Ein >>Ghettohaus<< in Frankfurt am Main, Hanau, 2010

-          Müller, H., Damrath, F., Schmidt, A., Juden im Busecker Tal Teil I: Familien von H. Müller, Fernwald, 2013

 

Bismarckstraße 11
 

Hermann Rothschild

*9.2.1890 in Hörstein Unterfranken
Die Eltern waren Daniel Rothschild, Viehhändler in Hörstein * 10.4.1859 + 27.2.1934 und Gitta, geb. Schuster aus Sterbfritz (bei Schlüchtern). Hermann hatte 8 Geschwister davon einen Stiefbruder aus 2. Ehe des Vaters
(Quelle: http://www.stadtarchivweb.aschaffenburg.de und http://www.landjudentum-unterfranken.de/biographische-datenbank-juedisches-unterfranken)

Hermann war zunächst Kaufmann in Laubach Friedrichstraße 4 und zog nach seiner Heirat mit Emma Berlin am 13.8.1922 nach Großen-Buseck. Dort übernahm er als Inhaber die Firma Liebmann Berlin Manufakturwaren von Emmas Vater. Danach teilte er das Schicksal seiner Frau, verkaufte das Haus, zog über Bad Nauheim nach Frankfurt/M Bäckerweg 28, wurde am 1.9.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 29.1.1943 weiter nach Auschwitz und dort ermordet.

Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
HERMANN
Rothschild
JG. 1890
DEPORTIERT 1942
Theresienstadt
1943 Auschwitz
dort ERMORDET

 

Emma oder Emmy Rothschild

* 8.8.1895 abends um 18 Uhr in Großen-Buseck

Sie war die Tochter von Liebmann Berlin und Jeanette Berlin, geb. Kahn. Bis 1905 lebten die Eltern in der Schlossgasse (jetzt Schlossstraße) 9 (lt. Adressbuch Hausbesitz) und ab 1906 in der Bismarckstr. 11 (lt. Adressbuch Hausbesitz). Der Vater betrieb ein Ladengeschäft und hausierte mit Stoffen. 1913 war er passives Mitglied des Gesangvereins „Germania“ Großen-Buseck und gehörte beim 50-jährigen Stiftungsfest dem Finanzausschuss an. Emma hatte vier Geschwister,
den ältesten Bruder
Bernhard * 17.9.1887 morgens um 7 Uhr

Und die drei Schwestern

Johanna *30.7.1889 nachts um 2 Uhr,
Ella, *24.9.1891 morgens um 6 Uhr.

Sie wurde 1913 im Adressbuch als Verkäuferin in der Bismarckstraße 11 geführt.

Jenni * 3.11.1897 nachts um 1:30 Uhr.

Die Mutter starb am 28.11.1921, der Vater am 16.3.1927. Den Tod meldete Hermann Rothschild, die Todesanzeige erschien am 17.3.1927 im Gießener Anzeiger Nr. 64. Über den Verbleib des Bruders Bernhard Berlin ist nichts bekannt. Die Schwester Johanna heiratete am 3.11.1912 den Schuhmacher Salli Frank aus Aumenau, geb. 6.2.1883 in Aumenau. Trauzeugen waren Salomon Berlin, Bismarckstr. 22 und Meier Berlin, Kaiserstr. 1. Der Wohnort war Großen-Buseck, die Adresse ist aber nicht belegt. Der letzte bekannte Wohnort war Bäckerweg 28 in Frankfurt am Main (Ghettohaus). Von dort wurden die Eheleute am 1.9.1942 nach Theresienstadt und am 16.10.1944 Salli Frank sowie am 23.10.1944 Johanna Frank nach Ausschwitz deportiert und ermordet. (Quelle: Gedenkbuch-online.de und www.statistik-des-holocaust.de)

Die Schwester Ella zog am 8.7.1913 nach Bad Nauheim und wohnte dort in der Stresemannstraße 25 (Quelle: www.holocaust-erinnerungsmal-badnauheim.com) . Sie heiratete am 7.9.1919 den Kaufmann Gustav Ehrlich aus Bad Nauheim, Stresemannstraße 25 und Burgstraße 25. Der Ehemann wurde am 1.3.1937 nach Frankfurt/M abgemeldet und  starb am 27.3.1939 in Darmstadt (Quelle: StA Darmstadt 1939 Nr. 485), Vermutlich im Gestapogefängenis. Die letzte Meldeadresse von Ella Ehrlich war Frankfurt/M Bäckerweg 28. Von dort wurde sie am 11.6.1942 nach Sobibor deportiert und ermordet. Am 22.2.1952 wurde sie vom AG Frankfurt/M für tot erklärt und der Todeszeitpunkt willkürlich auf den 8.5.1945 festgelegt. 

Die Schwester Jenni floh in die USA, heiratete N.N. Lehmann und starb in New York USA. 

Emma selbst heiratete nach dem Tod der Mutter Hermann Rothschild. Am 13.9.1924 wurde der Sohn Rudolf geboren. Die Familie verkaufte im November 1936 das Haus, zog im Januar 1937 zunächst zur Schwester Ella Ehrlich nach Bad Nauheim Burgstraße 25 und dann, vermutlich im Zusammenhang mit dem Umzug von Gustav Ehrlich (s.o.), nach Frankfurt/M. Die letzte Meldeadresse war in Frankfurt/M Bäckerweg 28, wie bei den Schwestern Johanna und Ella. Es handelte sich um ein Ghetto Haus, in dem die Juden bis zu ihrer Deportation unter sehr beengten Verhältnissen wohnen mussten.  Zu diesem Zeitpunkt war der Sohn Rudolf etwa 13 Jahre alt. Die Eheleute wurden am 1.9.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 29.1.1943 weiter nach Auschwitz und dort ermordet.

Inschriften der Stolpersteine 

HIER WOHNTE
EMMA
ROTHSCHILD
GEB. BERLIN
JG. 1895
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1943 AUSCHWITZ
ERMORDET

  

HIER WOHNTE
JENNI BERLIN
VERH. LEHMANN
JG. 1897
FLUCHT
USA

 

HIER WOHNTE
JOHANNA FRANK
GEB. BERLIN
JG. 1889
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

  

HIER WOHNTE
SALLI FRANK
JG. 1883
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

 

Rudolf Rothschild

*13.9.1924 in Gießen

Er war das einzige Kind von Emma und Hermann Rothschild. Er wuchs zunächst hier in Großen-Buseck auf und musste zusammen mit seinen Eltern im Januar 1937 über Bad Nauheim nach Frankfurt/M in das Haus Bäckerweg 28, ein Ghetto Haus ganz in der Nähe des Ghettohauses Gaußstraße 14, ziehen. Er wurde 1942, vermutlich im Mai oder Juni, ins Konzentrationslager Majdanek bei Lublin, Polen deportiert und dort am 26.8.1942 ermordet. Er war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt.

 Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
RUDOLF
ROTHSCHILD
JG. 1924
DEPORTIERT 1942
MAJDANEK
ERMORDET 26.8.1942

  

Bismarckstraße 15

Hermann Wallenstein

*20.2.1880 morgens um 3 Uhr

Er war der Sohn von Löb Wallenstein und Fanny geb. Wallenstein. Der Vater betrieb einen Viehhandel und hatte Hausbesitz Bismarckstraße 15 (Adressbücher 1905 bis 1913). Hermann Wallenstein hatte 7 Geschwister.

Rosalie *26.12.1878 morgens um 6 im Haus „Langgasse 280. + 26.4.1879. Sie starb im Alter von 17 Woche
Johanna *8.2.1882
Isaak *3.1.1884 morgens um 4 Uhr.  + 11.5.1902. Er starb im Alter von 18 Jahren nachmittags um 17 Uhr
Mayer *24.2.1886 morgens um 5:30 Uhr
Bertha *16.2.1888 vormittags um 11:15 Uhr
Klara *11.10.1890 morgens um 3 Uhr
David *23.11.1899 abends um 22 Uhr

Die Schwester Johanna heiratete am 17.8.1909 den Handelsmann und Viehhändler Sali (Sally) Stern aus Niederweidbach Kreis Biedenkopf (jetzt Hohenahr, Lahn-Dill-Kreis). Ihnen gelang 1941 die Flucht nach Argentinien zu ihrem Sohn. Verstorben sind sie in New York. (Quelle: Hinterländer Geschichtsverein Schrift Nr. 3: „Abgemeldet zur Auswanderung“) 

Der Bruder Mayer (Meyer) war von 1900 bis 1910 Verkäufer bei Heynemann in Laubach und im Vorstand der Laubacher Feuerwehr und im Schützenverein. 1919 heiratete er Emilie Nelkenstock, die Witwe des Sigmund Bravmann aus Laubach. Die Eheleute zogen im März 1939 nach Frankfurt/M und flohen im Dezember 1939 über Italien nach Sao Paulo, Brasilien. Die Ehefrau starb dort 1946, der Ehemann 1974. 

Die Schwester Bertha heiratete am 21.5.1913 den Handelsmann Karl Boch *23.11.1880 aus Münchholzhausen. Karl Bock starb am 19.2.1942 in Münchholzhausen. Die Ehefrau wurde am 11.6.1942 von Frankfurt/M aus nach Sobibor deportiert und ermordet. Der Sohn Arthur *2.11.1919 in Gießen floh in die USA. 

Die Schwester Klara war unverheiratet und wohnte ebenfalls in Münchholzhausen. Sie wurde zusammen mit der Schwester Bertha am 11.6.1942 von Frankfurt/M aus nach Sobibor deportiert und ermordet.

 Der Bruder David wurde in den Adressbüchern 1927-29 als „Viehhändler, Bismarckstraße 5“ geführt. 1930 heiratete er Meta Engel *17.6.1905 aus Grüningen und zog nach Grüningen. Die Eheleute mussten von Grüningen nach Frankfurt/m ziehen. Die letzte Meldeadresse war Baumweg 25. Von dort wurden sie am 11.11.1941 nach Minsk deportiert und ermordet.

 Hermann wurde zunächst als Handelsmann Schloßstraße 29 (Adressbücher 1912-1913) geführt und übernahm später den Viehhandel seines Vaters in der Bismarckstraße 15 (Adressbücher 1927-1937 „Bismarckstr. 15 E, Viehhändler, Telefon 15, 1937 kein Telefon). Er heiratete Olga Adler *28.8.1899 aus Storndorf. Das Hochzeitsdatum ist nicht bekannt. Am 13.6.1912 wurde die Tochter Fanny geboren. Sein Geschäft musste er zum 5.9.1938 abmelden. Mitte 1939 musste er das Haus verkaufen und zog am 17.7.1939 mit seiner Frau nach Frankfurt/M, Elkenbachstr. 16. Es handelte sich auch um eins der Ghetto-Häuser im Bereich der Gaußstraße und des Bäckerwegs. Von dort wurden beide am 22.11.1941 nach Kowno Fort IX deportiert und am 25.11.1941 ermordet.

Für die Geschwister werden hier keine Stolpersteine verlegt, da Buseck nicht der letzte frei gewählte Wohnort war.

Inschrift des Stolpersteins

HIER WOHNTE
HERMANN
WALLENSTEIN
JG. 1880
DEPORTIERT 1941
KOWNO FORT IX
ERMORDET 25.11.1941

Olga Wallenstein

*28.8.1889 in Storndorf (Vogelsberkreis) als Olga Adler

Über ihre Familie Adler in Storndorf ist bisher nichts bekannt. Sie heiratete Hermann Wallenstein. Das Heiratsdatum ist auch nicht bekannt. Sie zog nach Großen-Buseck Bismarckstraße 15. Sie teilte das Schicksal ihres Mannes, musste nach dem Verkauf des Hauses am 17.7.1939 nach Frankfurt/M, Elkenbachstraße 16 ziehen, wurde von dort am 22.11.1941 nach Kowno Fort IX deportiert und am 25.11.1941 ermordet.

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
OLGA
WALLENSTEIN
GEB. ADLER
JG. 1889
DEPORTIERT 1941
KOWNO FORT IX
ERMORDET 25.11.1941

 

Fanny Wallenstein

*13.6.1912 um 22:30 Uhr abends

Sie ist die einzige Tochter von Hermann und Olga Wallenstein und zog am 7.11.1935 nach Hanau und heiratete 1938 in Frankfurt/M (StA Frankfurt/M 1938 Nr. 584) N.N. Aschenbrand. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Die Angaben in „Juden im Busecker Tal“ sind zweifelhaft. Nach dem Krieg hat sicherlich nicht Fanny Wallenstein, sondern Fanny Krämer/Joelson mit ihrem Bruder Julius Berlin nach dem Grundbesitz von Jonas Freimark (Großvater mütterlicherseits) erkundigt. Fanny Wallenstein hatte keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Jonas Freimark.

 Inschrift des Stolpersteins

HIER WOHNTE
FANNY
WALLENSTEIN
JG. 1912
SCHICKSAL UNBEKANNT

 Anmerkung: Zu Fanny Wallenstein gibt es neue Erkenntnisse. Sie floh in die USA und überlebte dort.

 

Weidenstraße 2

Wilhelm Schwalb wurde am 19.9.1879 in Großen-Buseck geboren. Seine Eltern waren Christoph Schwalb VII und Anna Maria geb. Seipp aus Rödgen. Über seine Erkrankung ist nichts bekannt. Es ist belegt, dass er in der Psychiatrie in Herborn eingewiesen war. Dort gibt es einen Eintrag im Entlassungsbuch. Er wurde am 28.2.1941 im Rahmen der Aktion T4 zusammen mit 73 weiteren Patienten nach Hadamar transportiert  und am selben Tag in der dortigen Gaskammer ermordet. 

Quellen: Leiter der Gedenkstätte Hadamar Dr. Georg Lilienthal, Mitteilung des Archivs des LWV Hessen in Kassel

 Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
WILHELM SCHWALB
JG. 1878
EINGEWIESEN
HEILANSTALT HERBORN
„VERLEGT“ 28.2.1941
HADAMAR
ERMORDET 28.2.1941
„AKTION T4“

  

Alten-Buseck

 Große-Busecker-Str. 10

 In dem Gebäude Großen-Busecker-Straße 10 lebte die Familie des Stoffhändlers Mayer Löber. Mayer Löber verstarb im Jahre 1929, seine Frau Sarchen bereits in 1908. Aus der Ehe gingen u.a. die Tochter Hannchen und die Söhne Leopold und Simon hervor. Über das Leben von Hannchen Löber ist nur wenig überliefert. Geboren am 08.01.1874, wurde Sie am 27.09.1942 nach Theresienstadt deportiert und am 13.11.1942 dort ermordet. Ihr Bruder Leopold geboren am 06.02.1878 war wie sein Vater Händler. Er beging am 10.08.1942 in Frankfurt Suicid. Der Bruder Simon Löber betrieb ebenfalls ein Handelsgeschäft. Dieses firmierte zeitweise in Gießen, Neue Bäue bzw. in Alten-Buseck in der Hofburgstraße 9. Ab 1933 dann im Hause seines Vaters. Später musste er als Tagelöhner für den Lebensunterhalt sorgen. Simon Löber heiratete die aus Münzenberg stammende Selma Katz. Mit ihr hatte er drei Kinder. Selma starb in 1930. Simon Löber wurde am 27.09.1942 deportiert und in Theresienstadt am 14. Januar 1944 ermordet. Über das Schicksal der beiden Söhne Martin und Ludwig ist nichts bekannt. Sie wurden nach dem Krieg für Tod erklärt.

Inschriften der Stolpersteine

 HIER WOHNTE
HANNCHEN LÖBER
JG. 1874
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 13.11.1942

 

HIER WOHNTE
SIMON LÖBER
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 14.1.1944

 


Lina Zibora Wendel geboren am 26.06.1869 als Tochter des in Alten-Buseck ansässigen Nathan Grünewald und seiner Frau Bertha, geb. Schwalb, kam 1912 als Witwe nach Alten-Buseck zurück. Sie hatte zwei Töchter Hertha und Erna. Lina Zibora arbeitete als Wochenpflegerin in der Klinik in Gießen. Sie wohnte wohl längere Zeit in ihrem Geburtshaus Großen-Busecker-Straße 9, wurde am 27.09.1042 von hier deportiert und am 28.05.1943 in Theresienstadt ermordet. Ihre Tochter Hertha zog nach Koblenz, von wo sie 1942 nach  Izbica/Sobibor deportiert und ermordet wurde.

 Inschrift des Stolpersteins 

HIER WOHNTE
LINA ZIBORA WENDEL
GEB GRÜNEWALD
JG 1869
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 28.5.1943

 

  

„Hofburgstraße 44

Der Angestellte Theodor Schmidt aus Alten-Buseck, Hofburgstr. (geb. 29.07.1899, gest. 29.03. 1945) war beruflich tätig in einer Giessener Seifenfabrik an der Marburger Str. (jüdischer Besitzer Sternberg). Schmidt stammt aus der Großen-Busecker Str. (Alten-Buseck). Während der Kriegszeit 1939 – 1945 hörte er zusammen mit zwei anderen Alten-Buseckern „Feindsender“ im Hause „Hof“ in der Hofburgstr. ab. Er war Nazigegner. Seine Tochter Ilse verheiratete Thomaschewski musste vor dem Hause „Hof“ „Schmiere stehen“. Beim Vorrücken der Amerikaner von Gießen her Ende März 1945 sollte Alten-Buseck militärisch verteidigt werden. Schmidt befürchtete Tote und Verletzte bei einem militärischen Widerstand. Deshalb versuchte er, eine weiße Fahne am Alten-Busecker Kirchturm herauszuhängen. Dabei wurde er von zwei deutschen Soldaten bedroht. Einer setzte ihm die Pistole auf die Brust. Theodor Schmidt verstarb vor Aufregung in der Nacht.

 Quelle: Ilse Thomaschewski (Tochter) und weitere Dorfbewohner als Zeugen

 

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
THEODOR SCHMIDT
JG. 1899
IM WIDERSTAND
VERSUCH ZU KAPITULIEREN
VON SOLDATEN
 MIT WAFFE BEDROHT
HERZINFARKT
TOT 29.3.1945

  Beuern

 Borngasse 15

 In dem Haus Borngasse 15 wohnte die Familie des Berthold Edelmuth, Berthold war das zweite Kind des Ehepaares Süßmann und Johannette Edelmuth. Er wurde am 19.12.1877 geboren. Traditionell hat die Familie ihren Lebensunterhalt mit dem Handel mit Nutztieren bestritten. Berthold heiratete die aus Goßfelden bei Marburg stammende Bertha Lilienstein. Bertha wurde am 21.12.1880 geboren. Am 1. Juli 1907 wurde der Sohn Leopold geboren. Seine Schwester Irma dann am 14. Juni 1911. Der Vater Berthold verstarb bereits im Alter von 45 Jahren am 28.01.1913 und wurde auf dem jüdischen Friedhof am Rande von Großen-Buseck beigesetzt. Die Mutter Bertha musste von nun an die beiden Kinder alleine aufziehen. Besondere Schwierigkeiten hatte die Tochter Irma. Sie erkrankte an Kinderlähmung und war daher in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Aufgrund von Bestimmungen die sich gegen behinderte Menschen richtete, war es ihr nicht möglich ohne besondere Erlaubnis der Behörden den Omnibus nach Gießen zu nutzen. So musste für jeden Arztbesuch eine entsprechende Genehmigung eingeholt werden. Ihr Bruder Leopold wird als geistig zurückgeblieben beschrieben. Diese Behinderung führte dazu, dass er bereits im November 1938 kurzzeitig in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht wurde. Später arbeitete er in Gießen als Hilfsarbeiter. Bertha Edelmuth zog mit ihren Kindern am 09.05.1942 nach Gießen. Von dort wurden die drei am 30.09.1942 nach Polen deportiert und wohl auch kurz darauf ermordet. Aus der Familie des Berthold, der ja bereits in 1913 verstorben war, lebten zu Beginn des Holocaust noch ein Zwillingsbruderpaar, Jacob und Hugo. Beide wurden auch in Lagern ermordet.

 Inschriften der Stolpersteine

 HIER WOHNTE
BERTA EDELMUTH
GEB. LILIENTHAL
JG. 1880
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

 

HIER WOHNTE
LEOPOLD EDELMUTH
JG. 1907
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

 

HIER WOHNTE
IRMA EDELMUTH
JG. 1911
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

 Borngasse 17

 Direkt neben dem Haus der Familie von Berthold Edelmuth, wohnte in der Borngasse 17 eine weitere Familie mit dem Familiennamen Edelmuth. Die Kinder der Familie Hermann und Jeanette Edelmuth, Leo, Martin und Gutkind Arthur konnte zusammen mit Selma der Frau von Martin in die USA emigrieren. Das Haus wurde rechtmäßig verkauft und der Kaufpreis in die USA überwiesen. In dem Haus lebte jedoch auch der Witwer Jakob Edelmuth mit seiner Tochter Klemmi-Klara. Die Tochter emigrierte bereits in 1937 in die USA, wo sie in New York wohnte und dort vor 13 Jahren starb. Der Vater Jacob wurde im Jahr 1938 nach Buchenwald gebracht und dort kurzfristig inhaftiert. Nach der Rückkehr aus dem KZ Buchenwald lebte er hier in Beuern und arbeitete in der Matzebäckerei des Julius Griesheim. Am 17.04.1942 siedelte er nach Gießen um von wo er am 30.09.1942 nach Polen deportiert wurde und dort ermordet wurde.

Inschrift des Stolpersteins

 HIER WOHNTE
JAKOB EDELMUTH
JG. 1885
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

 

Trohe 

Kurt-Schumacher-Str. 19

Ludwig Schwalb

Geb. 07.03.1904, gest. 27.04. 1943 in Kriwatoczy (Polen) , Beruf: Former,

Ludwig Schwalb war verheiratet mit Elisabeth Schwalb, geb. Loth. Sie hatten zwei Töchter und er war KPD-Mitglied. Herr Schwalb betrieb im Nebenerwerb ein Fahrradgeschäft mit Reparaturwerkstatt. Dieses musste er aber schon 1931 aus politischen Gründen schließen. Er arbeitete bei der Firma Heinrich Keil, Reiskirchen-Hattenrod. Ludwig Schwalb war ein führender Kopf der Widerstandsarbeit gegen die Nazis in Trohe. Bei der Nazi-Aktion 1933 in Trohe gegen die dortige KPD-SPD Widerstandsarbeit wurde er verhaftet. Die Haftzeit im KZ Osthofen war vom 03.05. - 20.06.1933. Am 01.06.1934 wurde er erneut verhaftet und vom OLG Darmstadt wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Diese Strafe verbüßte er in der Strafanstalt Butzbach bis zum 02.12.1935. später wurde er zur Wehrmacht zu einer Strafeinheit eingezogen und kam am 27.04.1943 in Polen ums Leben (er wurde hinterrücks erschossen). 

Quellen: Gedenkstätte des KZ Osthofen, eigene Recherchen von Erich Hof

 Inschrift des Stolpersteins

HIER WOHNTE
LUDWIG SCHWALB
JG. 1904
IM WIDERSTAND / KPD
VERHAFTET 1.6.1934
„VORBEREITUNG ZUM
HOCHVERRAT“
GEFÄNGNIS BUTZBACH
STRAFEINHEIT
ERMORDET 27.4.1943
KRIWATOCZY

 

 (Recherche: Arbeitskreis Stolpersteine - Texte: Dirk Haas und Volker Herche)