Vorgeschichte des Vereins

Im Sommer 2012 konstituierte sich die „Arbeitsgruppe Anger 10“. Sie verstand sich als Initiative zur Erhaltung der ehemaligen Synagoge Großen-Buseck. Seit dem Jahr 2000 gab es unterschiedliche Vorschläge, was mit dem denkmalgeschützten Haus – Eigentum der Gemeinde Buseck - geschehen sollte, wenn die letzten Bewohner (zu der Zeit waren es noch drei) dieses verlassen hätten. Die Tendenz ging immer mehr in Richtung Verkauf an Privat, nachdem zu Beginn des Jahres auch die Denkmalschutzbehörde eine solche Empfehlung ausgesprochen hatte.

Die „Arbeitsgruppe Anger 10“ wollte „die Erinnerung wecken an die Opfer faschistischer Politik in der Gemeinde Buseck“, … sie wollte „wachhalten durch Erforschung bisher brachliegender Informationsquellen und Sammeln von verstreut existierendem Wissen zum Alltagsverhalten von Menschen unterschiedlicher politischer Richtung.“ … Es sollte ein Ort erhalten und gestaltet werden, „an dem der Austausch von Erinnerungen stattfinden kann.“ Der Anger genieße als Denkmal Ensembleschutz, die ehemalige Synagoge sei „Bestandteil dieser Gesamtanlage, so Teil der Dorfkultur und als solche erhaltenswert“, hieß es in der Zielsetzung.

Im November 2012 lud die „Arbeitsgruppe Anger 10“ mit Hilfe der Ernst-Ludwig-Chambré Stiftung zu Lich Monica Kingreen vom Fritz Bauer Institut in Frankfurt für einen Vortrag über „Jüdisches Leben im Busecker Tal“ ins Kulturzentrum Großen-Buseck ein. Die Informationsveranstaltung fand reges Interesse, wie die anschließenden Diskussionen zeigten. 

Fünf Monate später -  April 2013 folgte ebenfalls im Kulturzentrum Großen-Buseck ein Vortrag über Julius Berlin, der als einziger seiner Familie fliehen konnte und nach 1945 wieder einige Jahre in Großen-Buseck gelebt hatte. Viele Busecker Besucher der Veranstaltung berichteten von ihren Erinnerungen an ihn.

Das Thema des Denkmaltages September 2013 war „Unbequeme Denkmale“. Deswegen arbeiteten Mitglieder der „Arbeitsgruppe Anger 10“ die Geschichte der Synagoge Großen-Busecks auf. Im September wurden die Rechercheergebnisse auf fünf großen Plakaten im Schloss Großen-Buseck  zusammen mit weiteren zu „unbequemen Denkmalen“ Busecks ausgestellt.

Am Busecker Samstag 2013 wurden die Plakate im Haus Anger 10 ausgestellt. Zum ersten Mal war das Haus der Öffentlichkeit zugänglich. Denn inzwischen gab es keine Bewohner mehr. Die Neugier der Besucher war groß.

Kurz vorher hatte Hanno Müller sein Buch „Juden im Busecker Tal“  in zwei Bänden vorgestellt, in dem er unendlich viele Informationen über die jüdischen Busecker zusammen getragen hat und so zeigt, wie jüdisches Leben über Jahrhunderte Bestandteil des Alltags dieser Region war. (Beide Bände sind inzwischen vergriffen.) 

Im Juni des folgenden Jahres 2014 zeigte die „Arbeitsgruppe Anger 10/ehemalige Synagoge Großen-Buseck“ die Fotoausstellung „Wohnspuren – fotografische Innenansichten“ von Maria Pasel und Martha Kuhl-Greif. Bei der Eröffnung machte Susanne Gerschlauer, Kunst- und Bauhistorikerin, eine Führung zur Geschichte des Hauses Anger 10-ehemalige Synagoge Großen-Buseck.  Außerdem lag ein Papier aus, das eine mögliche Nutzung des Hauses umriss: Es solle „ein Ort der Erinnerung ... des Lernens für die Zukunft werden, … Raum bieten für Gespräche, Forschungen, Ausstellungen, Lesungen, kleine Konzerte usw.. Das Zusammenleben der christlichen und jüdischen Busecker … neben der Zuwanderung und Auswanderung im Busecker Tal (sollen) eine besondere Rolle spielen.“ Erarbeitet werden soll, wie es zu Exzessen des Hasses kommen kann ..., wie tolerantes Zusammenleben möglich ist. Auch eine räumliche Nutzungsmöglichkeit wurde skizziert. D.h. das Haus Anger 10, die ehemalige zweite Synagoge Großen-Busecks, solle ein Denkmal und eine Begegnungsstätte sein. Die Arbeitsgruppe nannte dabei auch mögliche Geldgeber.

Dieses Konzept wurde der Gemeinde Buseck vorgelegt. Im Juli 2014 besuchten daraufhin Mitglieder des Sozialausschusses der Gemeindevertretung das Haus Anger 10. Einige Abgeordnete hatten es noch nie von innen gesehen.

Beim Denkmaltag im September 2014 wurden erneut die Plakate zur Geschichte der Großen-Busecker Synagoge gezeigt, außerdem eine Fotoausstellung von Markus Ihle „Karan würde uns fehlen - eine Klasse fragt nach ihren Flüchtlingen“. Die Ausstellungen blieben bis zum Busecker Samstag im Dezember 2014, an dem viele Besucher des Marktes wieder neugierig ins Haus Anger 10 kamen.

Die Diskussionen um das Haus der ehemaligen Synagoge gingen weiter: im Eigentum der Gemeinde behalten? Wozu? Kosten viel zu hoch! Doch an Privat verkaufen?!

Deswegen lud die „Arbeitsgruppe Anger10-ehemalige Synagoge Großen-Buseck“ im Februar 2015 zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ins Kulturzentrum Großen-Buseck ein. Der Titel lautete: „Anger 10 braucht Freunde, die dem Haus zu einer Zukunft verhelfen“. Die Moderation übernahm Rüdiger Geis von der Gießener Allgemeinen Zeitung. Auf dem Podium diskutierten: Bürgermeister Erhard Reinl, Archivarin Ilse Reinholz-Hein, Architekt Florian Bayer, Schulleiter der IGS Busecker Tal Matthias Brotkorb, Pfarrer Ulf Häbel vom Projekt „Dorfschmiede“ Freienseen, Martha Kuhl-Greif von der „Arbeitsgruppe Anger 10-ehemalige Synagoge Großen-Buseck“ und Andreas Brüll von der Theodor-Litt-Schule Gießen. Es ging um die Geschichte des Hauses, Möglichkeiten und Notwendigkeit einer sinnvollen neuen Nutzung, um die Erhaltung und Renovierung zu vertretbaren Kosten, um mögliche Gelder dafür. Es wurde auch deutlich, dass die Gemeinde nach dem Ablauf der ersten Stadterneuerung kaum Gelder dafür habe, dass aber ein Verein durchaus Gelder für ein solches Projekt an verschiedenen Stellen beantragen könne.

Im Juni 2015 wollte die „Arbeitsgruppe Anger 10-ehem. Synagoge Großen-Buseck“ zu einem kleine Konzert mit Ausstellung ins Haus Anger10 einladen. Die Gemeindeverwaltung erteilte keine Genehmigung dafür im Haus: Verkehrssicherheit sei nicht gewährleistet. Es wurde angeboten ins Thalsche Rathaus zu gehen. Die Arbeitsgruppe beschloss, die Veranstaltung vor dem Haus zu machen. Der Vorplatz bot eine gute Bühne für die Musiker und Text-Vortragenden, davor wurden die Fotos auf Stellwänden gezeigt. Die Besucher und Besucherinnen nahmen auf der Straße und dem anschließenden Rasen Platz. „Buseck: Ansichtssache!“ Musik - Texte - Bilder“  mit Klezmermusik: Dr. Ulrich Eskens & Hartmut Zacharski, Texte: Busecker Bürger, Buseck-Fotos: Markus Ihle wurde dank des schönen Wetters ein voller Erfolg.

In der Gemeindeverwaltung war es weiterhin die Frage: Erhalt bzw. Verkauf des Gebäudes Anger 10. Die Tendenz schien zu letzterem zu gehen. So entschloss sich die Arbeitsgruppe nach vielen Diskussionen zur Gründung eines eingetragenen Vereins, in der Hoffnung, so mehr Gewicht in die Auseinandersetzungen um das Haus bringen zu können.